Aus: "Graswurzelrevolution", Nr. 328, April 2008

Tschernobyl-Jahrestag: Kundgebung vor THTR in Hamm!

Tschernobyljahrestag2008, Foto: Willi Hesters"Alles Lüge" rief die ältere Dame erregt vor laufender Kamera aus: "Das ist die Quittung für den Störfall". Und der Dorfapotheker analysierte: "Die Krebsrate ist schon erstaunlich. Das ist ein Zeichen für sich." Ganze 22 Jahre nach dem Störfall in dem Thorium Hochtemperaturreaktor (THTR) macht sich pötzlich und unerwartet der Ärger der Anwohner in einem Film des Westdeutschen Rundfunks Luft.

Anlass ist die vom Bundesamt für Strahlenschutz vorgelegte Kinderleukämie-Studie. Alle Atomkraftwerke sind hierin untersucht worden, der THTR allerdings nicht. Offizielle Begründung: Er war ja nur ein Forschungsreaktor mit kurzer Laufzeit.

Keine Rede von der beispiellosen Serie von Pannen und Störfällen. Keine Rede davon, dass dieser Pleitereaktor deswegen während seiner fünfjährigen "Betriebsdauer" nur 423 Tage unter Volllast laufen konnte. Keine Reden von den Vertuschungsversuchen der Betreiber.

 

Tschernobyljahrestag 2008, Foto: Willi HestersDas alles haben insbesondere diejenigen Menschen, die in der Hauptwindrichtung leben, nicht vergessen und sich bei jedem Krebsfall in der Familie oder in der Nachbarschaft ihre ganz eigenen Gedanken gemacht. Da rumort es. Das alles ganz ohne "Hilfe" einer Bürgerinitiative, denn die gab es im konservativen Lippetal nicht. Auf die Nichtberücksichtigung dieses Reaktors in der Studie folgte die intensivste Medienberichterstattung in dieser Region, wie wir sie seit 1988 nicht mehr erleben durften. Besorgte Menschen meldeten sich gleich dutzendweise bei der BI in Hamm. Der Rat von Lippetal und der Stadt Hamm forderten inzwischen ebenfalls die Einbeziehung der Region in die Studie. Doch das Bundesumweltministerium als Auftraggeber der alten Studie reagierte bisher nicht.

Da in dem Pannenreaktor ebensolche radioaktiven PAC-Kleinstkügelchen freigesetzt worden sind, wie in der Elbmarsch mit der höchsten Kinderleukämierate der Welt, ist die Lage äußerst brisant und die ganze Angelegenheit wird von den Behörden am allerliebsten unter den Teppich gekehrt.

Aus einem zweiten Grund ist der THTR Tabu: Er ist der Prototyp für die Generation IV-Reaktoren, in die in den nächsten zwei Jahrzehnten weltweit der größte Anteil an nuklearen Forschungsgeldern gesteckt werden soll. Überdurchschittlich viele Krebstote an dem Prototyp der Reaktorlinie der Zukunft machen sich natürlich nicht so gut. Wer die Renaissance der Atomenergie in den nächsten Jahrzehnten effektiv verhindern will, sollte in langfristigen Dimensionen denken und heute schon danach handeln!

Deswegen findet am Samstag, dem 26. April (Tschernobyljahrestag!) um 15 Uhr eine Kundgebung vor dem THTR in Hamm-Uentrop statt. Treffpunkt vor dem Tor. Wie früher.

Anmerkung:

An der Kundgebung haben über einhundert Menschen teilgenommen. Ein Artikel aus dem Soester Anzeiger ist hier einsehbar:

http://www.reaktorpleite.de/zeitungsausschnitte.html?showall=&start=13

 

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