Aus: "Graswurzelrevolution", Nr. 331, September 2008

(Noch) keine Graswurzelrevolution im Bundesumweltministerium

Hamm/Berlin. Wenn ein Redaktionsmitglied der Graswurzelrevolution einem ehemaligen Koordinationsredakteur dieser Zeitung 4.000 Unterschriften mit dem dringenden Aufruf "endlich etwas zu tun" übergibt und dabei vom ARD-Hauptstadtstudio gefilmt wird, verbirgt sich dahinter eine nicht ganz alltägliche Geschichte.

Pressesprecher Miachel Schroeren bei der Unterschriftenübergabe. Bild: Werner NeubauerDie UnterzeichnerInnen forderten von dem Bundesumweltministerium die Durchführung einer Krebsstudie in der Umgebung des Thorium Hochtemperaturreaktors (THTR) im westfälischen Hamm-Uentrop.

Entgegengenommen wurden am 17. Juli 2008 die Listen von Michael Schroeren, dem Pressesprecher von Bundesumweltminister Gabriel. Er war vor 33 Jahren GWR-Redakteur.

Nach einer erfolgreichen Medien- und Unterschriftenkampagne machte ich mich mit sieben in Berlin wohnenden Ex-Hammensern auf, um vor dem Ministerium mit Transparent und "Strahlenschutzanzug" auf die Sorgen der Menschen am Störfall- und Pleitereaktor aufmerksam zu machen. Denn der Hammer Bürgerinitiative sind bisher zahlreiche Krebsfälle insbesondere in dem Gebiet der Hauptwindrichtung gemeldet worden (siehe GWR 328).

Michael Schroeren begrüßte im Namen des Ministers unser Engagement und deutete im Interview vorsichtig Bemühungen seines Ministeriums an, etwas für eine Krebsstudie zu tun. – Um genau dies in der anschließenden einstündigen Diskussion, an der auch Dr. Thomas Jung vom Bundesamt für Strahlenschutz teilnahm, für problematisch und nicht möglich zu erklären. – So sind sie, unsere Politiker. Der THTR sei nur ein Prototyp und kurze Zeit in Betrieb gewesen. Deswegen keine Aufnahme in die KiKK-Leukämiestudie. Der Pressesprecher eines Ministers kann natürlich keine andere Politik als sein Vorgesetzter machen.

Aber immerhin hat das Ministerium uns respektabel empfangen und als Dialogpartner anerkannt. Das ist keine Selbstverständlichkeit in der bundesdeutschen Politik.

Die Medien berichteten über unser Anliegen ausführlich. Unter den gegebenen Umständen haben wir das Optimalste herausgeholt. Anknüpfungspunkte für die Zukunft ergeben sich hierdurch ebenfalls.

In einer Zeit, in der von der Atomlobby tagtäglich die Renaissance der Atomenergie beschwört wird und in der BRD erneut zusätzliche Forschungsgelder für die Generation IV-Reaktoren ausgegeben werden, weisen wir auf die schlimmen Folgen dieses nuklearen Wahnsinns hin.

Mit jedem Monat wird die Aufregung in unserer Region grösser. Verwandte des damaligen Bedienungspersonals des THTR erkrankten an Krebs und sorgten für tiefe Erschütterungen – und sammelten Unterschriften. Ebenso wie Kindergärten, Lebensmittelläden, Apotheken, Sparkassen und sogar ein – nichts ist unmöglich – Toyota-Autohaus.

Witwen legen Listen in Arztpraxen aus, ein Rechtsanwalt will klagen, viele Anwohner sind auf 180. Ein Polizist, der damals auf uns am Reaktor "aufpassen" musste, hat selbst Krebs. Die Region zwischen Soest, Beckum und Hamm springt im Dreieck. So soll es sein. Viel Bewegung ist gesund.

Infos:

http://www.reaktorpleite.de/nr.-122-august-08.html

Anmerkung:

Michael Schroeren war nicht nur Pressesprecher im Bundesumweltministerium unter Trittin und Gabriel (und ist es zur Zeit wieder unter Barbara Hendricks!), sondern auch der Fraktion der Grünen im Bundestag. Seine Abschiedsrede dort vom 19. 12. 2013 ist sehr interessant. Er berichtet vom Mit- und Gegeneinander von Sprechern/innen und Journalisten/innen, er seziert Olaf Glaesekers Karriere und bewertet den Spin-Doctor-Stil des "Wulf-Machers":

http://www.youtube.com/watch?v=JivTLMb8cYI

 

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