Aus: "Die Tageszeitung" (taz) vom 3. Januar 1992

Das wahre Gesicht von Johannes Rau

In seinem Kommentar behauptet Walter Jakobs, die SPD-Landesregierung habe zielstrebig auf das Ende des Thorium Hochtemperaturreaktors (THTR) in Hamm hingearbeitet. Die Bürgerinitiativen, die seit mehr als 16 Jahren gegen diesen sozialdemokratischen Lieblingsreaktor gekämpft haben, sehen das natürlich anders. Unser Gegner war neben den Betreibern immer auch die Landesregierung, die selbst nach Tschernobyl nichts unversucht gelassen hat, diesen Reaktor zu retten.

Flugblatt der Naturfreunde HammSo konnten 1988 führende Genossen in sozialdemokratischen Zeitschriften seitenweise für den THTR und seinen Export werben. Noch in den letzten Wochen vor dem endgültigen Aus hat am 24. Juli der SPD-Finanzminister Schleußer versucht, durch Kooperation mit den Betreibern eine Stillegung zu verhindern - vergeblich. Ausschließlich die unlösbaren technischen und finanziellen Probleme des THTR haben zu seiner "Stilllegung" geführt.

Dies alles konnte man in den achtziger Jahren in dutzenden von taz- Artikeln nachlesen. Warum jetzt in einem Kommentar das genaue Gegenteil behauptet wird, bleibt mir unverständlich.

Selbst jetzt, wo nach dem Absturz der Brennelementekannen die zerdepperten radioaktiven Kugeln auf dem Boden liegen und niemand mehr weiß, wie es weitergehen soll, geht die Landesregierung nicht etwa gegen die THTR-Betreiber vor, sondern gegen diejenigen, die seit über zehn Jahren gegen diesen Reaktor geklagt haben: Die Landesregierung bürdet den Klägern die Prozeßkosten von über Hunderttausend DM auf, obwohl der Reaktor längst am Ende ist und die Kläger mit ihren Bedenken Recht hatten. Hier zeigt das "System Rau" sein wahres Gesicht! Bleibt nur die Frage, welches Gesicht hat das "System taz"?

Kundgebung am THTR 1986Anmerkung

Dieser Leserbrief war eine Reaktion auf den Kommentar von Walter Jakobs "Versöhnen statt spalten. Das 'System Rau' zeigt kaum Risse" (TAZ vom 16. 12. 1991):

http://www.taz.de/!1599759/

Anmerken möchte ich noch, dass neben den technischen und finanziellen Problemen auch noch der politische Druck von Bürgerinitiativen zur Stilllegung des THTR geführt hat.

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