Aus: "Westfälischer Anzeiger" (WA) vom 25. Mai 2016

Nach 30 Jahren: Neues zum Störfall im THTR!

Die Betreibergesellschaft HKG des Thorium-Hochtemperaturreaktors (THTR) verweist auf die Aussagen in dem 95-seitigen Bericht des NRW-Wirtschaftsministeriums aus dem Jahr 1986, um zu belegen, dass bei dem Störfall die radioaktive Belastung weniger als ein Becquerel je Quadratmeter betragen habe. Die Aufsichtsbehörde wird das doch wohl wissen müssen – oder etwa nicht?

Nicht allzuviel wusste das Wirtschaftsministerium und gab dies auf Seite 13 des Berichtes unumwunden zu: "Eine eindeutige Feststellung der Aerosolaktivitätsabgabe am 4. 5. 1986 ist nicht möglich". Die Betreiber hatten nämlich genau zu dem Zeitpunkt des Störfalls mehrmals stundenlang das Messgerät abgeschaltet, um dort angeblich die Uhr nachzustellen. Welch ein Zufall! Diese ungeheure Dreistigkeit der Betreiber bei diesem "Messstreifenskandal" erregte damals monatelang die Gemüter in der Hammer Bevölkerung.

Zeichnung: Fritz BrümmerBei diesem Messgerät handelte es sich um eine Messstelle der THTR-Betreiber. Auf die Idee eine unabhängige, staatliche Messanlage zu installieren, kam die Aufsichtsbehörde erst einige Monate nach diesem peinlichen Schlamassel. Sie versuchte sich in dem Bericht vorzustellen, was in den besagten Stunden passiert sein könnte, stellte allerlei Vergleiche zur Strahlenabgabe kurz vor und nach dem Störfall an, rechnete hin und her und legte sich dann auf einen ungefähren angenommenen Mittelwert fest. Denn die Aufsichtsbehörde hatte keine eigenen Erkenntnisse, sondern nur die Angaben der Betreiber.

Wenn jetzt nach den aktuellen Angaben von Herrn Schollmeyer der Störfall ganz anders verlaufen ist, als in dem Bericht angenommen, dann sind auch andere Abläufe und damit auch deutlich höhere radioaktive Emissionen denkbar.

In den Tagen nach dem Störfall haben das Ökoinstitut und Professor Grönemeyer in der unmittelbaren Umgebung des THTR Werte bis zu 50.000 Becquerel pro Quadratmeter gemessen. Die Vereinigten Elektrizitätswerke (VEW) verteilten anschließend ihre Zeitung "Energiekontakt" an alle Hammer Haushalte mit der Schlagzeile: "Im Reaktorgebäude weniger Radioaktivität als draußen".

Der WA schrieb am 31. 5. 1986 in einem Kommentar, wie diese Informationspolitik von Betreibern und Behörden bei der Bevölkerung ankam: "In kritischer Situation sind sie getäuscht, ist Glaubwürdigkeit verspielt worden. Offenbar haben das Stichwort Tschernobyl und die Furcht vor emotionalen Folgen ausgereicht, um rund um den THTR eine gezinkte Informationspolitik zu betreiben, um zu verschweigen und zu beschwichtigen. Vertrauen ist enttäuscht worden. Es wird nur schwer reparabel sein ... ."

Zeichnung: Fritz BrümmerHier die Linkliste zu den Störfall-Presseberichten:

http://www.reaktorpleite.de/wichtige-artikel-2016.html

https://www.wa.de/hamm/neue-vorwuerfe-thtr-hamm-radioaktive-wolke-tschernobyl-genutzt-gefaehrliches-material-entsorgen-6417525.html

https://www.wa.de/hamm/radioaktivitaet-uentrop-absichtlich-freigesetzt-thtr-dementiert-vorwuerfe-vehement-6424886.html

http://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/hamm-uentrop-stoerfall-100.html

http://www.neues-deutschland.de/artikel/1012479.atomreaktor-offenbar-radioaktivitaet-absichtlich-freigesetzt.html

http://www.neues-deutschland.de/artikel/1012614.nrw-will-akw-stoerfall-im-thtr-neu-pruefen.html

http://www.jungewelt.de/2016/05-24/069.php