Aus: "Westfälischer Anzeiger" (WA) vom 9. März 2021

Fukushima-Jahrestag in Hamm

Auch in Hamm findet am 11. März 2021 eine Mahnwache zum Fukushima-Jahrestag statt. Hier das Interview in "Westfälischer Anzeiger":

Warum hat der zehnte Jahrestag der Fukushima-Katastrophe gerade für Hamm eine Bedeutung?

Der Tsunami und die verheerende Reaktorkatastrophe in Japan mit vielen Tausenden von Toten und verstrahlten Gebieten zeigt deutlich, dass es eine sichere Atomkraft nicht gibt. Wir hatten in Hamm 1986 zeitgleich mit der Katastrophe in Tschernobyl im Thorium Hochtemperaturreaktor (THTR) einen Störfall, bei dem Radioaktivität in die Umgebung gelangte. Jeder, der die Ereignisse in Hamm damals miterlebt hatte, weiß, wie groß die Angst und die Unsicherheit bei den Menschen war.

Fukushima-Demo in Hamm 2011, Foto: Horst BlumeWie bewerten Sie den deutschen Atomausstieg nach der Katastrophe?

Er kam zu langsam und war inkonsequent, weil wichtige Nuklearanlagen auch in Zukunft weiterbetrieben werden. Insbesondere die Urananreicherungsanlage (UAA) in Gronau beliefert nukleares Material für über 30 Atomkraftwerke in Europa. Außerdem geht von dort aus angereichertes Uran in die japanische Atomstadt Tokaimura, etwa 120 km von Fukushima. Urenco, an denen RWE und E.On beteiligt sind, fördert Entwicklung und Bau von Minireaktoren, die den THTR zum Vorbild haben. Das alles ist kein echter Atomausstieg.

Der THTR-300 wurde 1997 in den sicheren Einschluss überführt. Seit 2017 kommt immer wieder ein Rückbau ins Gespräch. Wie steht Ihre Bürgerinitiative zu solchen Plänen?

Nach der Stilllegung des THTR haben wir einen Nuklidatlas gefordert, damit bei einem möglichen Rückbau klar ist, an welchen Stellen die Radioaktivität besonders hoch ist. Das wurde abgelehnt. Bei einem Rückbau würde radioaktiv belasteter Staub und Abfall entstehen, der transportiert und woanders gelagert werden müsste. Das ist eine große Gefahrenquelle. Auf jeden Fall müssten die Betreiber ein umfassendes Rückbaukonzept vorlegen, damit es in der Öffentlichkeit und im parlamentarischen Raum umfassend diskutiert und bewertet werden könnte. Erst dann sollte entschieden werden, ob ein zeitnaher Rückbau wirklich sinnvoll ist.

Fukushima-Demo in Hamm 2011, Foto: Horst BlumeDie Bürgerinitiative ist eine der ältesten Anti-Atom-Gruppen in Deutschland - was treibt Sie persönlich zum weitermachen?

Als wir vor 45 Jahren die Bürgerinitiative Umweltschutz gründeten, waren wir Außenseiter, heute gehört eine kritische Haltung zur Atomkraft zum Mainstream in der Gesellschaft. Dies zeigt, das man mit langem Atem viel erreichen kann. Diesen Optimismus möchte ich an die anderen sozialen Bewegungen weitergeben, denn beispielsweise die Klimaerhitzung zeigt, dass noch genug zu tun ist.

 

Der Flugblatttext:

Zehn Jahre ist es her, dass sich die größte Atomkatastrophe seit Tschernobyl abspielte. Ein Erdbeben und ein Tsunami hatte das japanische Atomkraftwerk in Japan schwer beschädigt. 20.000 Menschen wurden getötet, ganze Landstriche verwüstet. In den darauffolgenden Tagen kam es in drei der sechs Atomreaktoren zu Kernschmelzen. Große Mengen Radioaktivität wurden in die Atmosphäre geschleudert. Mehr als 200.000 Menschen mussten evakuiert werden.

Fukushima-Demo in Hamm 2011, Foto: Horst BlumeJapans Regierung schaltete in der Folgezeit alle 54 Atomkraftwerke ab, um über Konsequenzen aus der Katastrophe zu beraten. Die Mehrheit der Menschen in Japan lehnt AKW´s seitdem ab. Nur wenige Reaktoren sind inzwischen wieder ans Netz gegangen. Die japanische Regierung versucht trotz verheerender Folgeprobleme, „Normalität“ vorzutäuschen. In diesem Sommer sollen ausgerechnet in Fukushima Teile der Olympiade stattfinden!

Auch in der BRD findet nur ein langsamer und äußerst inkonsequenter „Atomausstieg“ statt. Die Urananreicherungsanlage (UAA) in Gronau (NRW) beliefert weiterhin das nukleare Material für über 30 Atomkraftwerke in Europa. Bis 2011 belieferte Urenco auch den Fukushima-Betreiber Tepco.

Aktuell geht wieder angereichertes Uran in die japanische Atomstadt Tokaimura, nur 120 km südlich von Fukushima. Dort betreibt Mitsubishi eine Brennelemente-Fabrik. Urenco Gronau beliefert also am 10. Jahrestag der Reaktorkatastrophe in Fukushima Uran in genau dieses Gebiet!

Fukushima-Demo in Hamm 2011, Foto: Horst BlumeDesweiteren forciert Urenco weltweit Entwicklung und Bau von Minireaktoren, die dem Thorium-Hochtemperaturreaktor (THTR) ähneln, um den eigenen Absatzmarkt anzukurbeln. Ab nächstem Jahr müssen wir übrigens damit rechnen, dass Vorentscheidungen zum Rückbau des THTR Hamm getroffen werden. Er würde sich jahrzehntelang hinziehen. Auch dort sollten wir uns einmischen!

Zur Teilnahme an der Mahnwache rufen auf:

Hamm gegen Atom, Bürgerinitiative Umweltschutz Hamm, Fridays for Future Hamm, Forum für Umwelt und Gerechtigkeit (FuGE), Klimabündnis Hamm

 

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Und hier ist der Artikel in "Westfälischer Anzeiger" (WA) vom 12. März 2021:

 WA- Artikel zur Fukushima-Mahnwache in Hamm, 2021

 

 Fukushima-Mahnwache in Hamm 2021, Foto: Horst Blume

 

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