Macht von unten
Artikel und Beiträge von Horst Blume
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Alles grün?
Energie-Kolonialismus durch Wasserstoff-Kooperation
Die offensichtlichen Folgen der Klimakatastrophe und die ausbleibenden Gaslieferungen aus Russland als Folge des Ukrainekrieges haben mittlerweile auf zahlreichen Ebenen zu hektischen Aktivitäten geführt, um Energie in Zukunft verstärkt auch klimaneutral, nachhaltig und umweltfreundlich zu produzieren. Besondere Bedeutung kommt hier dem Energieträger Wasserstoff zu, mit dem Energie angeblich besser transportiert und gespeichert werden kann. Besonders dem aus Alternativenergie gewonnenen Grünen Wasserstoff werden viele positive Eigenschaften zugesprochen. Es gibt aber auch gravierende negative (...).
Da in der BRD nicht so viel Wasserstoff für den von der Regierung veranschlagten zukünftigen Eigenbedarf selbst produziert werden kann, wurden in den letzten Jahren Wasserstoff-Kooperationen mit Ländern des globalen Südens in die Wege geleitet. Insbesondere Afrika und Südamerika sollen hier eine besondere Rolle spielen. Es wird von verschiedenen Seiten davon ausgegangen, dass in Zukunft 15 bis 30 Prozent des deutschen Energiebedarfs in diesen Ländern gewonnen werden müssten.
Diese bereits in Angriff genommene strategische Ausrichtung geht davon aus, dass in der BRD (und der EU) der Energie- und Rohstoffverbrauch, sowie der Konsum von Waren und die Fixierung auf den Autoverkehr weiterhin sehr hoch bleiben werden. Im Grunde soll nach diesem Modell mit mehr eingesetzter Alternativenergie so weiter gewirtschaftet werden wie vorher. Lediglich die Art der Energiegewinnung würde dann bei dieser "imperialen Lebensweise" ausgetauscht werden.
Die nun ins Auge gefassten Wirtschaftskooperationen wären keine, die zwischen gleichberechtigten Partnern bestehen würden. Jahrhundertealte ungerechte Macht- und Ausbeutungsverhältnisse zwischen den Kolonialmächten und Kolonien haben bis heute tiefe Spuren hinterlassen. Jetzt sollen ausgerechnet die Leidtragenden dieser Entwicklung den Hauptverursachern der Klimakatastrophe aus dem globalen Norden durch Produktion und Lieferung von Grünem Wasserstoff aus der Patsche helfen, um ihnen bei den sich anbahnenden zukünftigen Katastrophen trotzdem noch mit sehr viel Energieeinsatz einen komfortablen Lebensstandard zu sichern.
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Krise, Katastrophe, Kollaps - Hoffnung?
"Nun lass dich mal nicht von den Kollapsologen verrückt machen, der Weltuntergang wird so schnell nun auch wieder nicht kommen", sagte mir ein Freund, der vor Kurzem selbst noch einen längeren Artikel über die bedenkliche Lage am Amazonas geschrieben hatte. Als ich ihm von dem Buch "Wie alles zusammen brechen kann" erzählte, war er offensichtlich besorgt, dass ich in einer Überreaktion womöglich beginnen würde, Unmengen von Konservendosen zu horten oder politisch zu resignieren.
Beim Lesen des 2015 in Frankreich erschienenen und jetzt von Lou Marin übersetzten Buches wird schnell klar, dass die beiden Autoren Pablo Servigne und Rahaël Stevens keinen unabänderlichen Pessimismus verbreiten, sondern es ihnen um eine realistische Einschätzung der Lage geht, um vorausschauend handeln zu können. Sie tragen vielmehr das Wissen über mögliche Kollapse auf der Grundlage fundierter Erkenntnisse zusammen.
Es sprechen alle Anzeichen dafür, dass folgenschwere Unglücksereignisse viel schneller und heftiger eintreten werden, als es sich die meisten Menschen bisher vorgestellt haben. Dabei handelt es sich nicht nur um die Klimakatastrophe im engeren Sinn, sondern auch um damit einhergehende geopolitische Spannungen, Verteilungskämpfe, Kriege und eine Fülle von ernsten Umwelt- und Energieproblemen, Lebensmittelkrisen, Hungersnöte, Pandemien, Artensterben, Zusammenbrüche von Finanzsystemen. Fakten und Szenarien werden in dem Buch ausführlich dargestellt und in mehreren Vor- und Nachworten auf den neusten Stand gebracht.
All diese Krisen stehen miteinander im Zusammenhang, beeinflussen und verstärken sich gegenseitig. Die oft von SpezialistInnen voneinander isoliert betrachteten einzelnen Aspekte suggerieren eine allzu einfache begrenzte "Lösung" eines separaten Problems und führen zu einer zu optimistischen Verzerrung der Sichtweise. Die reale Welt ist jedoch keine Ansammlung voneinander getrennter Risiken.
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Camus: Weisheit ohne Schaumlöffel
Das hier besprochene neue Buch von Holger Vanicek, dem Vorsitzenden der Camus-Gesellschaft, ist nach "Ursprung der Revolte" (1998) und "Ich revoltiere, also sind wir" (2009) inzwischen das dritte, das im Verlag Graswurzelrevolution über den Literaturnobelpreisträger Albert Camus (1913 – 1960) erschienen ist.
Der Titel "Die Zerrissenheit. Albert Camus´ Tanz unter dem Schwert" irritiert vielleicht auf den ersten Blick. Doch beim Lesen des Buches wird klarer, dass er zutreffend ist. Der undogmatische Camus hinterfragte in seinen Romanen, Erzählungen und Artikeln das festgefügte Weltbild vieler Menschen, indem er bisher wenig beachtete mehrdeutige Aspekte hervorkehrte und komplexe Vorgänge bestimmter Phänomene berücksichtigte.
Die Vorfahren seines Vaters hatten ihre Wurzeln im Elsass, diejenigen der Mutter in Spanien. Bereits in dritter Generation lebten sie in der französischen Kolonie Algerien. Der Algerienfranzose Camus wuchs in einem Land auf, in dem Araber, Franzosen, Berber, Tuareg und etliche andere Volksgruppen und vielfältige Religionsgemeinschaften zuhause waren. Wie seine Eltern, lebten die meisten der 1,2 Millionen Algerienfranzosen in einfachen Verhältnissen. Nach verschiedenen Gelegenheitsjobs konnte Camus als Journalist ab 1938 für eine französische Tageszeitung Gerichtsreportagen schreiben und reiste für die Berichterstattung ebenfalls in die Kabylei, wo unter den Berbern große Armut herrschte.
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Zurückgeblieben im Braunraum
Joseph Beuys und der Nationalsozialismus
Das Verhältnis des Bildhauers, Aktionskünstlers und Zeichners Joseph Beuys (1921–1986) zum Nationalsozialismus und seine Äußerungen zu gesellschaftspolitischen Themen werden seit längerer Zeit kontrovers diskutiert. Inzwischen hat Ron Manheim ein akribisch recherchiertes Buch hierzu geschrieben. Er war viele Jahre lang Direktionsmitglied beim Museum Schloss Moyland am Niederrhein und baute dort seit 1991 das Beuys-Archiv auf.
Haarsträubende Geschichtsklitterung
Manheim legt Wert auf die Feststellung, dass er sich seit Jahrzehnten "mit uneingeschränkter Bewunderung" intensiv mit dem materialisierten Werk von Beuys auseinandersetzt. Jedoch hat er bei den zahlreichen schriftlich fixierten Gesprächen und Interviews mit dem Künstler jede Menge haarsträubende Geschichtsklitterungen, beschämende Fehlurteile und Beschönigungen seines eigenen Verhaltens sowie Relativierungen des Holocausts entdeckt. Das Buch heißt folgerichtig "Beim Wort genommen".
Hier sieht er sich genauer an, was Beuys über seine Schulzeit und Jugend in Kleve im Rückblick berichtete, und gleicht seine Aussagen mit der historischen Wirklichkeit ab. Der Behauptung Beuysʼ, es hätte in Kleve insbesondere unter den LehrerInnen kaum Nazis gegeben, seine Nichtbeachtung des schlimmen Schicksals der JüdInnen in dieser Stadt, in der aufgrund der Nähe zu den Niederlanden angeblich alles nicht so schlimm gewesen sei, setzt Manheim gut dokumentierte Fakten aus der Lokalgeschichtsschreibung entgegen.
Aus: "Graswurzelrevolution", Beilage "Libertäre Buchseiten", Nr. 467. März 2022
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Aus: "Graswurzelrevolution", Nr. 462, Oktober 2021
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Aus: "Graswurzelrevolution", Nr. 461, September 2021 PilgerInnen, Päpste und die PolizeiRepression gegen christliche Klima-AktivistInnen in Hamm
Auf ihrem Weg von Gorleben nach Garzweiler gingen die christlichen PilgerInnen mit einem großen gelben Kreuz 19 Etappen von Station zu Station und machten auf den zerstörerischen Braunkohleabbau, die gefährliche Atomkraft und auf die Klimakatastrophe aufmerksam. Überall waren sie willkommen, und auch die jeweilige Polizei hatte nirgendwo etwas auszusetzen. Doch dann kamen sie nach Hamm, und gleich an der Stadtgrenze zwischen Feld und Wald begann der Ärger mit der örtlichen Polizei. Aus: "Graswurzelrevolution" Nr. 460, Sommer 2021
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Originalbeitrag vom August 2020
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Aus: "Graswurzelrevolution" Nr. 431, September 2018
Thessaloniki: Die Vernichtung der "Judenstadt" und ihre Folgen
"Denkt überhaupt irgendjemand darüber nach, was früher hier passiert ist?", geht mir durch den Kopf, als ich Thessalonikis laute Straßen mit ihren hässlichen Betonbauten durchstreife, vorbei an Menschenmassen, die mit Einkaufstaschen bepackt umhereilen. Mit dreizehn Jahren fiel mir Zuhause ein postkartengroßes, schmales Heftchen in die Hände: "Ein kleiner Spaziergang durch Saloniki. Andenken zum Einmarsch der Deutschen Truppen in Saloniki am 9. April 1941". Es war das letzte Lebenszeichen des zwanzigjährigen Onkels meiner Mutter, bevor er ein paar Monate danach von griechischen PartisanInnen getötet wurde. Mein Interesse war geweckt. Fünfzig Jahre nach der Entdeckung des Heftchens bin ich hier. Ich frage mich, wie konnten 46.000 sefardische JüdInnen Salonikis nach Auschwitz deportiert und fast alle umgebracht werden? Wie wird in Thessaloniki und in Deutschland mit dieser Vergangenheit umgegangen?
33 Berichte zu Aktionen von 'Ekta Parishad' aus den Jahren 2014 bis 2017
Equity, Solidarity, Justice - Landrechtbewegung in Indien
Meldungen und kürzere Berichte über die Arbeit von Ekta Parishad sind oft sehr verstreut im Netz und bei Facebook zu finden. Hier habe ich in chronologischer Reihenfolge 33 Artikel über Aktivitäten und Ereignisse geschrieben, die ich besonders wichtig finde. Über den Beginn der Kampagne "Jai Jagat 2020" berichte ich ebenfalls. Ganz unten sind in einem zweiten Teil die Links zu älteren Artikeln in Zeitungen und Medien aufgeführt.
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Diese Homepage gibt es seit 2012. Hier befinden sich über 300 aktuelle und auch ältere Artikel von Horst Blume aus den letzten 48 Jahren zu Politik und Kultur. Sie wurden in über 30 verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht und werden hier dokumentiert.