Aus:"Graswurzelrevolution" Beilage "Libertäre Buchseiten" Nr. 478, April 2023
Camus: Weisheit ohne Schaumlöffel
Das hier besprochene neue Buch von Holger Vanicek, dem Vorsitzenden der Camus-Gesellschaft, ist nach "Ursprung der Revolte" (1998) und "Ich revoltiere, also sind wir" (2009) inzwischen das dritte, das im Verlag Graswurzelrevolution über den Literaturnobelpreisträger Albert Camus (1913 – 1960) erschienen ist.
Der Titel "Die Zerrissenheit. Albert Camus´ Tanz unter dem Schwert" irritiert vielleicht auf den ersten Blick. Doch beim Lesen des Buches wird klarer, dass er zutreffend ist. Der undogmatische Camus hinterfragte in seinen Romanen, Erzählungen und Artikeln das festgefügte Weltbild vieler Menschen, indem er bisher wenig beachtete mehrdeutige Aspekte hervorkehrte und komplexe Vorgänge bestimmter Phänomene berücksichtigte.
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Aus:"Graswurzelrevolution" Beilage "Libertäre Buchseiten" Nr. 478, April 2023
Krise, Katastrophe, Kollaps – Hoffnung?
"Nun lass dich mal nicht von den Kollapsologen verrückt machen, der Weltuntergang wird so schnell nun auch wieder nicht kommen", sagte mir ein Freund, der vor Kurzem selbst noch einen längeren Artikel über die bedenkliche Lage am Amazonas geschrieben hatte. Als ich ihm von dem Buch "Wie alles zusammen brechen kann" erzählte, war er offensichtlich besorgt, dass ich in einer Überreaktion womöglich beginnen würde, Unmengen von Konservendosen zu horten oder politisch zu resignieren. Beim Lesen des 2015 in Frankreich erschienenen und jetzt von Lou Marin übersetzten Buches wird schnell klar, dass die beiden Autoren Pablo Servigne und Rahaël Stevens keinen unabänderlichen Pessimismus verbreiten, sondern es ihnen um eine realistische Einschätzung der Lage geht, um vorausschauend handeln zu können. Sie tragen vielmehr das Wissen über mögliche Kollapse auf der Grundlage fundierter Erkenntnisse zusammen.
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Aus: "Graswurzelrevolution" Nr. 427, März 2018
"Fünf Minuten vor Vier" – Mehr als nur eine Uhrzeit!
Der in Pakistan geborene Bhisham Sahni (1915 – 2003) ist in Indien einer der bekanntesten Schriftsteller. Er erlebte während der Teilung Indiens 1947 hautnah mit, wie Familien auseinandergerissen und bei den religiösen Unruhen und Gewaltausbrüchen zwischen Hindus, Moslems und Sikhs etwa eine Million Menschen umgebracht wurden. Es kam zu Massenfluchten der verschiedenen Gruppen in jeweils entgegengesetzte Richtungen.
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Aus: "FUgE-News", Nr. 2, Dezember 2017
Tamilische Kurzgeschichten "Bananenblätter und Straßenstaub"
In kaum einer Stadt der BRD gibt es soviele Hindutempel wie in Hamm. Der Krieg in Sri Lanka war die Ursache, dass zehntausende Tamilen aus Sri Lanka nach NRW flüchteten und im Laufe der Zeit vier Tempel auf dem Stadtgebiet errichteten. Unter den zahlreichen Menschen, die zu den jährlich stattfindenen Tempelfesten kommen, befinden sich erfreulicherweise immer mehr Deutsche, die fasziniert die prachtvollen Umzüge mit den Tempelwagen besuchen, die angebotenen südindischen Speisen probieren und religiösen Ritualen beiwohnen. Doch wieviel wissen die alteingesessenen Hammer Bürger nach dem Besuch eines solchen südindischen Festes über die Kultur dieser Menschen, die alltägliche Realität in ihrem Heimatland und über den brutalen Krieg, dem sie entflohen sind, wirklich? Eine gute Möglichkeit mehr über die Tamilen in Südindien und Sri Lanka zu erfahren, ist das Lesen von Kurzgeschichten aus dieser Region selbst.
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Aus: "Graswurzelrevolution" Nr. 417, März 2017
Der Amtsgerichtsrat des Berliner Schöffengerichts, der den Theaterregisseur Oskar Kanehl (1888 – 1929) wegen seiner aufrührerischen Verse Anfang der 1920er Jahre abgeurteilt hatte, war empört. Diese freche Hetze gegen Obrigkeit, Kapital und Militär sollte etwas mit Kunst zu tun haben? Seiner Meinung nach müsste sich bei Gedichten schön unpolitisch Herz auf Schmerz reimen. Kanehl gehörte nach dem Ersten Weltkrieg zu den bekanntesten Antikriegsdichtern mit offensiv antikapitalistischer Ausrichtung.
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Aus: "Graswurzelrevolution" Nr. 413, November 2016
Auf der zehnten Jahrestagung des Literaturforums Indien (1) im Mai 2016 in Villigst ging es nicht nur um das "Schöngeistige", mit dem Poesie oft in Verbindung gebracht wird. Bei dieser Veranstaltung waren die junge Adivasi-Dichterin Jacinta Kerketta und ihre Verlegerin Ruby Hembrom vom Verlag Adivaani zu Gast und berichteten in ihren Lesungen und Vorträgen über den Überlebenskampf und die kulturelle Unterdrückung von etwa 90 Millionen UreinwohnerInnen Indiens.
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Aus: "Graswurzelrevolution" Nr. 397, März 2015
(Ein Roman gegen religiöse Bevormundung)
"Benga- wie bitte? – Das kann doch kein Mensch aussprechen!" Ausgerechnet die bekannte global vernetzte südindische High-Tech-Metropole Bangalore wurde ab dem 1. November 2014 in das regionalsprachige Bengaluru umbenannt. Die Manager großer Elektronik- und Computerkonzerne sorgen sich um den gut eingeführten Markennamen Bangalores. Und noch zehn andere Städte in dem Bundesstaat Karnataka heißen ab jetzt Mysuru, Tumakuru, Chikkamagaluru ... Der am 20. August 2014 im Alter von 81 Jahren verstorbene Schriftsteller U. R. Ananthamurthy hatte sich für diese Umbenennungen stark eingesetzt.
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Aus: "Graswurzelrevolution" Nr. 396, Februar 2015
"Der Erste Weltkrieg war ein multikulturelles Ereignis". - Dieser erste Satz in einem der Beiträge des Buches klingt zunächst etwas erstaunlich, trifft aber den Nagel auf den Kopf. Denn nicht nur das Osmanische Reich, sondern auch England mobilisierte in diesem Krieg "farbige" Kolonialsoldaten. In diesem Fall etwa 1,5 Millionen Inder, von denen 150.000 in Europa stationiert waren.
Der Einsatz von Kolonialsoldaten in Europa hatte erhebliche kulturelle Rückwirkungen in Deutschland. Ihre Wahrnehmung und ihre Darstellung in der Öffentlichkeit wird in diesem Buch ausführlich beschrieben und analysiert.
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Aus: "Graswurzelrevolution", Nr. 387, März 2014
Religiöser Hass und patriarchalische Herrschaft in zwei indischen Romanen von Krishna Baldev Vaid und Geetanjali Shree
Seit der Zerstörung der Babri-Moschee durch Hindunationalisten im Jahr 1992 und den Pogromen gegen Moslems in dem indischen Bundesland Gujarat im Jahr 2000 nehmen die Spannungen zwischen Moslems und Hindus in Indien wieder zu und werden wahrscheinlich bei den Wahlen im Mai 2014 zu einer Erstarkung hindunationalistischer Parteien führen. Geetanjali Shree beschreibt in ihrem Roman "Unsere Stadt in jenem Jahr", wie vier Menschen aus dem humanistisch geprägten Bildungsbürgertum mit dem sich rasant zuspitzenden Konflikt zwischen den beiden Religionsgemeinschaften umgehen.
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Aus: "Graswurzelrevolution", Nr. 357, März 2011
Über die Schwierigkeit, in Ägypten ein "Revolutionär" zu sein
"Die Stimme Khalids meldete sich 'Mein Interesse gilt dem Anarchismus.' Gelächter brach aus. Dann herrschte Schweigen, eine Pause folgte, und die Leere nahm überhand" (1) In seinem Roman "Das Hausboot am Nil" beschrieb der ägyptische Literaturnobelpreisträger Nagib Machfus (1911-2006) das resignativ-opportunistische Verhalten von im Beruf durchaus erfolgreichen Menschen, die keinen Mut und keine Energie mehr hatten, gegen die versteinerten Verhältnisse einer nur notdürftig verschleierten Diktatur anzukämpfen. Sie flüchteten sich stattdessen in den allabendlichen Haschischgenuss auf dem Hausboot und lamentierten fruchtlos und ohnmächtig über die seit Jahrzehnten andauernden schlechten Verhältnisse.
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Aus: "Graswurzelrevolution" Nr. 332, Oktober 2008
Mit Manu Chao durch Kolumbien
Ramon Chao: "Ein Zug aus Eis und Feuer"
Im Jahre 1993 bricht mit Unterstützung der Association francaise d’action artistique (AFFA) eine fast hundertköpfige Gruppe von KünstlerInnen auf, um in einem aus Schrottteilen zusammengebastelten Zug mit 21 bunt bemalten Waggons durch Kolumbien zu fahren. In den Bahnhöfen soll durch ein vielfältiges Veranstaltungsprogramm der Bevölkerung die französische Kultur nähergebracht werden. Die marode Schienenstrecke ist seit 15 Jahren nicht mehr befahren worden.
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Aus: "Graswurzelrevolution", Nr. 231, September 1998
Über den istrischen Schriftsteller Fulvio Tomizza im (ehemals) jugoslawischen und italienischen Grenzgebiet
Wenige Kilometer vom Tagungsort der diesjährigen WRl – Dreijahreskonferenz (War Resisters International) entfernt‚ liegt das Heimatdorf des italienisch-slowenischen Schriftstellers Fulvio Tomizza. "Gemeinsam den Frieden wählen" und "Gerechtigkeit nach Krieg und Diktatur" - das Motto und Thema der WRl-Dreijahreskonferenz hat für die Menschen, die an dem Konferenzort leben, nicht erst seit dem Beginn der 90er Jahre eine immer wiederkehrende Aktualität. Porec liegt in lstrien, wo seit vielen hundert Jahren nicht nur ItalienerInnen, SlowenInnen und KroatInnen, sondern auch noch Menschen aus einem guten Dutzend anderen Nationalitäten leben.
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Aus: "Graswurzelrevolution", Nr. 214, Dezember 1996
Autonomie der Dichtung – Der italienische Schriftsteller Cesare Pavese
Cesare Pavese, ein bedeutender Vertreter des frühen Neorealismus‚ schrieb Gedichte und Romane, in denen er sich mit dem Widerstand gegen den italienischen Faschismus beschäftigte. Er brachte darin auch Zweifel gegenüber dem militärischen Charakter des antifaschistischen Kampfes zum Ausdruck. Der folgende Beitrag zeichnet Leben und Werk Paveses nach, das von dem nicht unumstrittenen Bemühen um literarische Unabhängigkeit gekennzeichnet war.
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Aus: "Naturfreunde", Nr. 4, 1994
"'Oskar, wenn du Arbeiter bleibst, mußt du bei den Roten stehen. Rot ist unsere Fahne!' Fast dankbar schaute ich ihm ins Gesicht, denn noch nie hatte ein Mensch zu mir so gesprochen, und wenn ich auch das meiste nicht verstanden hatte - eigentümlich - , es überkam mich auf einmal ein Gefühl der Brüderlichkeit." Dieser ermutigende Zuspruch des sozialdemokratischen Bäckergesellen fiel bei dem kleinen Oskar Maria Graf auf fruchtbaren Boden.
Am 22. Juli 1894 als Sohn eines Bäckermeisters und einer Bauerntochter im Dorf Berg am Starnberger See in Bayem geboren, mußte er schon früh in der elterlichen Bäckerei mithelfen und war nach dem Tod seines Vaters den tyrannischen Attacken seines ältesten Bruders ausgesetzt.
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Aus: "Unabhängige Bauernstimme", Januar 1994
Anläßlich des 100. Geburtstages von Oskar Maria Graf am 22. Juli 1994 veröffentlichen wir in diesem Jahr in jeder Ausgabe der "Unabhängigen Bauernstimme" ein Gedicht aus seinem Buch "Der ewige Kalender". Diese Gedichte wurden in den Jahren 1948 bis 1951 in New York City geschrieben und von Grafs Freunden zu seinem 60. Geburtstag im Jahre 1954 in einer Auflage von 500 Exemplaren gedruckt und nur privat weitergegeben.
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Aus: "Graswurzelrevolution", Nr. 181, Oktober 1993
Oskar Maria Graf und die Sowjetunion
Bedingt durch die Ereignisse in der Sowjetunion und der DDR nach 1989 wurde verstärkt das Verhältnis der antifaschistischen SchriftstellerInnen zum Stalinismus und zur Sowjetunion diskutiert und teilweise neu bewertet. Nachdem Oskar Maria Grafs Buch "Reise in die Sowjetunion 1934" in seiner unvollendeten Rohfassung 1974 erstmals aufgelegt worden war, wurde es vom Luchterhand Verlag 1992 erneut herausgebracht.
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Aus: "Mahlzeit!", Juli 1992
Eine Literaturbesprechung ausgerechnet in der "Mahlzeit!"‚ wo es doch hier um Naturkost, Naturwaren und gesunde Ernährung geht? - Dies ist nur im ersten Moment verwunderlich. Oskar Maria Graf wurde 1894 als Sohn eines Bäckermeisters und einer Bauerntochter in Bayern geboren. Aus seiner Herkunft ergeben sich auch die Themen, die er in seinen Kurzgeschichten und Romanen hauptsächlich anspricht und die auch in der "Mahlzeit!" eine Rolle spielen: Das Leben auf dem Lande, die Beziehung zwischen Provinz und Großstadt, die Nöte der Bauern.
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Aus: "Bauernstimme", Januar 1992
Oskar Maria Graf: Der Lackl vom Land
Oskar Maria Graf wurde 1894 als Sohn eines Bäckermeisters und einer Bauerntochter in dem Dorf Berg am Starnberger See geboren. Das Leben auf dem Lande und die harte Arbeit in der Bäckerei prägten Graf von Kindheit an. Mit 17 Jahren hatte Oskar die Herumkommandiererei in der Bäckerei satt. Sein despotischer Bruder verbot ihm, Bücher zu lesen. Oskar träumte von der Schriftstellerei und ging nach München. Dort ließ er Visitenkarten drucken, auf denen stand: "Provinzschriftsteller - Spezialität: Ländliche Sachen".
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Aus: "Distel. Das Hammer Stadtblatt", Nr. 2, 1984
Von beiden Seiten hat man dem Buch den Umständen entsprechend das schlimmstmögliche angetan: In der DDR wurde es verboten, in der BRD im Bertelsmannkonzern herausgegeben. Die deutschen Machthaber hatten seit jeher einen ausgeprägten Hang zum Zynismus.
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Aus: "Motteck. Hammer Stattzeitung", Nr. 2, Februar 1979
ZUM 100. GEBURTSTAG VON ERICH MÜHSAM!
Erich Mühsam schrieb über sich selber: "Geboren 1878 in Berlin; Kindheit, Jugend, Gymnasialbesuch in Lübeck; unverständige Lehrer. Niemand, der die Besonderheit des Kindes erkannt hätte, infolgedessen: Widerspenstigkeit, Faulheit, Beschäftigung mit fremden Dingen.
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