Aus: "FUgE-News", Nr. 1, 2025
THTR-Rückbau und mögliche Insolvenz der Betreiber
Die radioaktiven Hinterlassenschaften von Atomkraftwerken strahlen viele tausend Jahre. Der in Hamm ab 1971 gebaute und erst 1985 fertiggestellte Thorium-Hochtemperaturreaktor (THTR) lieferte nur für 423 Tage Strom und wurde 1989 stillgelegt. Die 600.000 tennisballgroßen radioaktiven Brennelemente lagern in einer Halle bei Ahaus. Die Genehmigung für den Betrieb des Lagers läuft 2036 aus. Ein Endlager für radioaktiven Atommüll gibt es in der BRD frühestens 2074.
In dem stillgelegen THTR befinden sich noch ca. 1,5 Kilogramm Spaltstoff, darunter Plutonium und Uran. Durch den Störfall von 1986 könnten sich die radioaktiven Stoffe an Stellen befinden, an die man sie nicht vermutet. Ein von der Bürgerinitiative Umweltschutz Hamm geforderter Nuklidatlas für die einzelnen Anlagenteile wurde nicht erstellt. Das wird sich bei dem geplanten Rückbau des THTR als großes Problem erweisen.
Der gesamte Rückbau wird nach einer Studie der Ingenieurgesellschaft Siempelkamp aus dem Jahr 2008 etwa 21 Jahre dauern. In Auftrag gegeben wurde sie von der Betreibergesellschaft des THTR, der Hochtemperatur-Kernkraftwerk GmbH (HKG), in der RWE Nuclear und mehrere Stadtwerke Gesellschafter sind. Nach dieser Studie sind die einzelnen Zeitabschnitte folgendermaßen aufgeschlüsselt:
5,3 Jahre Planung und Genehmigung
2 Jahre Vorbereitung der Anlage für den Rückbau
12 Jahre Rückbau des nuklearen Bereichs
2 Jahre Rückbau konventionell
Hinter den Kulissen wird schon seit einiger Zeit verhandelt, wann mit dem Rückbau begonnen werden kann und wer die Kosten von einer Milliarde Euro oder mehr dafür aufbringen soll. Die HKG ist von den Betreibern wohlweislich als Gesellschaft mit beschränkter Haftung gegründet worden. Da ihr Eigenkapital fast aufgebraucht ist, wird die HKG womöglich bald Insolvenz anmelden und dann müssten der Bund und das Land die immensen Kosten tragen.
Bei diesem Störfallreaktor, bei dem schon so vieles schiefgelaufen ist, sollte mit großer Vorsicht mit dem Rückbau begonnen werden, um eine radioaktive Kontamination der Bevölkerung zu vermeiden. In den 90er Jahren fanden 59 Bahntransporte von radioaktiven Brennelementen durch Hammer Wohngebiete nach Ahaus statt. Bei einem Rückbau der gesamten Anlage kommen einige hundert gefährliche Transporte auf uns zu. Ein Rückbau des THTR würde eine nicht zu unterschätzende Gefahr darstellen.
Deswegen ist eine ausführliche Diskussion hierzu notwendig, um die Bevölkerung an den zukünftigen Entscheidungen zu beteiligen. Die Stadt Hamm müsste ebenfalls gehört werden. Letztenendes kann es leider nur darum gehen, die am wenigsten schlechteste Lösung für den zukünftigen Umgang mit der strahlenden Ruine zu finden. Die Betreiber sollten möglichst bald einen Entwurf für ein umfassendes Rückbaukonzept vorlegen, damit es dann in der Öffentlichkeit und in den zuständigen Gremien ausführlich diskutiert und bewertet werden kann.
Grundsätzlich wäre angesichts vieler ungeklärter Fragen bei Rückbau, Transport und Lagerung des Atommülls auch zu überlegen, ob ein Rückbau des THTR zum jetzigen Zeitpunkt wirklich sinnvoll wäre. Denn die radioaktiven Hinterlassenschaften müssen nach jetzigem Stand so oder so bis mindestens 2074 zwischengelagert werden, da noch kein Endlager existiert.
Weitere Infos:
Informationen zum THTR auf dieser Homepage:
„Rückbau: Uran im THTR hat Halbwertzeit von 160.000 Jahren!“ (2019)
„Rotgrün will AKW-Störfall nicht aufklären! Die BI gegen den Thorium-Hochtemperaturreaktor (THTR) in Hamm wehrt sich gegen Vertuschungsversuche“ (2016)
„THTR: Der Pleite-Reaktor verschlingt 73 Jahre lang Unsummen!“ (2014)
„THTR: Handliches Atombomben-Material und teurer Reaktor-Rückbau" (2013)
„Kinderkrebsstudie am THTR: (Noch) keine Graswurzelrevolution im Bundesumweltministerium" (2008)
„KIKK-Studie: Der THTR-Störfall-Reaktor wird nicht untersucht!“ (2007)
„20 Jahre nach Tschernobyl: Vergesslich in die Zukunft? - Zum THTR-Störfall“ (2006)
„Hamm/Morsleben: Einen Schlußstrich kann es nicht geben!" (2000)
„THTR: Erhaltungsbetrieb mit Hindernissen?“ (2000)
„THTR: 30 Jahre "Erhaltungsbetrieb"(1999)
https://www.machtvonunten.de/atomkraft-und-oekologie.html?view=article&id=235